Sonntag, 16. Juli 2006

Von Giovannis Raukelkohl und seiner gefleckten Milch

Lassen wir bewusst die "Das-ist-mein-Erster-Blog-Eintrag"-Formalitäten hinter uns.
Es interessiert doch keinen Menschen, warum dieser Blog so heißt, wie er heißt. Es interessiert ja nicht einmal mich, auch wenn ich mir zugegebenermaßen -anfangs- beinahe den Kopf um einen wohlklingenden Namen zerbrochen habe. Schnurz!

Aus welchem Motiv dieses Weblog entstanden ist, ist dasselbe und vorallem wahre Motiv, aus dem alle Weblogs entstehen: Um Gedanken los zu werden, denen im wahren Leben niemand lauschen möchte.

Das ist das neue Jahrtausend! Ein Zeitalter, in dem fremde Gedanken in das WWW gestellt werden, um sie dort entweder aus Sensationsgeilheit abzurufen (private Weblogs) oder um Denkanstöße zu erlangen (Themen Blogs), für die man selbst womöglich zu unterbelichtet ist oder schlicht und einfach zu faul zum nachdenken. Ach ja und natürlich zur Unterhaltung, nicht wahr?

Entschuldigt den Sarkasmus.

Ein weiteres Phänomen des inzwischen nicht mehr ganz so neue Jahrtausends, welches enorm beeindruckend ist, ist das "Ich-bin-was-feines-und-gebildet"-Phänomen. Vor wenigen Tagen durfte ich es mal wieder belächeln.

Was das ist?

Kerstin und Birgit treffen sich bei Giovanni, dem schnuckeligen krausköpfigen Italiener um die Ecke, der von seinen 31 Jahren bereits 24 Jahre in Deutschland lebt (die restlichen 7 Jahre verbrachte er im deutschsprachigen Südtirol) und durchaus in der Lage wäre, sauberes Deutsch zu sprechen.
Aber wozu auch? Die Frauen mögen es ja südländisch... springen trotzdem nicht drauf an.
Kerstin und Birgit sind frustrierte mittelalterige Frauen, mit einem tollen Beruf und meist gut gekleidet. Vorzugsweise ein schicker Hosenanzug.
Auch ihre Männer haben vorzeigbare Jobs. Im Prinzip sind es aber doch nur schlipstragende Pfeifen, die nicht in der Lage wären ein Regal an die Wand zu montieren (um hier meinen zukünftigen Schwiegervater zu zitieren: "Ein Mann der Handwerklich unbegabt ist, ist kein Mann" *meine Wenigkeit nickt zustimmend*).
Scheidung kommt trotz allem Frust nicht in Frage, auch wenn das Paar kinderlos ist und Fremdgehen auch nicht drin ist.
Also trifft sich die Frustrierte Nr. 1 mit ihrer besten Freundin einmal die Woche um Giovanni anzuhimmel.

An den Tisch gesetzt und die Karte in die Hand genommen, ist es jedoch längst klar was sie bestellen werden:

Los geht es mir einem Raukelkohlsalat, den Giovanni mit einem klischeemäßigen Grinsen und dem allseits beliebten "Seniora..." serviert.
Nach dem Salat geht es weiter mit Nudeln aus Hartweizengrieß mit Zerdrücktem nach Genueser Art, die Giovanni wieder mit seinem klischeemäßigen Grinsen und dem langsam nervenden "Seniora..." auftischt.
Nach dem Essen gönnt man sich dann noch einen starken Kaffee mit viel Milch (gegebenfalls ist diese noch geschäumt) oder man trinkt einen Kräuterlikör, den Giovanni -wie sollte es auch anders sein- mit einem... naja, ihr wisst schon...

So lief das wohl ab - vor vielleicht 10 Jahren.

Zugegeben, die Hartweizengrießnudeln nennt man wohl schon ewig Spaghetti.
Aber warum man seit einigen Jahren zu Raukelkohl nun Ruccola sagt und Kaffeegetränke, deren geschmacklichen Unterschied wohl wirklich niemand kennt, zahlreiche italienische Namen tragen, bleibt mir unerklärlich. Latte Macchiato (gefleckte Milch) oder Cappucino (nichts anderes als das italienische Wort der Kaputze einer Mönchskutte) unterscheiden sich vorallem im Namen. Jeder der Gegenteiliges behauptet ist ein Ketzer! So, da hast du´s, du Spießer!!

Aber ja, zugegeben: Pesto klingt schon appettitlicher als Zerdrücktes, aber warum bloß das "alla genovese"? Und warum gilt es als schick Ramazotti zu trinken, wohingegen der Konsum von Jägermeister eher den Freunden der Trinkhalle zugehörig ist?

Das der Parmesankäse jedoch nicht Parmigiano heißt, wirft mir das größte Rätsel auf.

3 Kommentare:

Lange + Weile hat gesagt…

...und trotzdem schmeckt´s gleich ;-)

Anonym hat gesagt…

Bela ist eben ein Kaffeekenner. ;-)

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für diesen wunderbaren Beitrag. Bewundern Sie die Zeit und Mühe, die Sie in Ihrem Blog und detaillierte Informationen bieten..